Diabetische Retinopathie

Die ständige Erhöhung des Blutzuckers bei unerkanntem oder schlecht eingestelltem Diabetes schädigt vorzugsweise Zellen die Glukose ohne Insulin aufnehmen können.

Zu diesen insulinunabhängigen gehören die Zellen, die die Blutgefäße in der Netzhaut des Auges wie eine Tapete auskleiden (Endothelzellen genannt).
Mit zunehmender Dauer der diabetischen Erkrankung werden diese Zellen geschädigt, sterben ab und müssen durch neue Endothelzellen ersetzt werden.

Leider funktioniert dieser Reparaturvorgang nicht immer, sodaß zunächst an wenigen Stellen, und später in immer größer werdenden Gebieten die kleinsten "Haarnadelgefäße" (Kapillaren) kollabieren. Durch sie fließt kein Blut mehr.

Außerdem sind die Kapillaren, deren Endothelzellen zwar noch leben, aber bereits geschädigt sind, für die Blutbestandteile durchlässig. An den Stellen der Netzhaut, an denen kleine Gruppen von verschlossenen Kapillaren liegen, wird der Versuch unternommen, neue Blutgefäße zu bilden. Es entstehen kleine Aussackungen - Mikroaneurysmen -, die mit dem Augenspiegel als kleine rote Flecken erkannt werden können. Sie sind die ersten sichtbaren Zeichen, daß der Diabetes die Netzhaut geschädigt hat.
Die Gesamtheit dieser Veränderungen, die sich in der Netzhaut abspielen, nennt man nicht-proliferative diabetische Retinopathie.
Fast alle Typ I Diabetiker entwickeln nach ca. 20-jähriger Diabetesdauer diese Zeichen der Netzhautschädigung. Von 10 Typ II Diabetikern sind ca. 6 von diesen Veränderungen betroffen.
Wenn größere Kapillarfelder in der Netzhaut verschlossen sind, versucht die Netzhaut den entstehenden Sauerstoffmangel durch die Neubildung von Gefäßen auszugleichen.
Dieser Versuch ist jedoch fatal, da die neu gebildeten Gefäße sehr brüchig sind und in den vor der Netzhaut liegenden Glaskörper einsprossen.
Dort bluten sie leicht.
Liegt diese Blutung vor der Stelle des schärsten Sehens - der Makula -, ist der Patient akut erblindet. Der körpereigene Versuch, das Blut aus dem Glaskörper zu beseitigen, geht leider mit erheblicher Narbenbildung einher.
Diese Narben haben eine starke Schrumpfungstendenz.
Zieht eine solche Narbe an ihrer Unterlage, der Netzhaut, kann die Netzhaut einreißen. Geht ein solcher Riß durch die Makula, ist der Patient unwiederbringlich erblindet.
Die hier beschrieben fortgeschrittene Form der diabetesbedingten Augenschädigung nennt man proliferative diabetische Retinopathie.
Sie entsteht stets aus der nicht-proliferativen Form.


Was können Sie tun?

Besuchen Sie regelmässig Ihren Augenarzt
Für Typ I Diabetiker gilt:

  • Gehen Sie, nachdem die Erkrankung erkannt und anfänglich eingestellt wurde, zur Erhebung eines Ausgangsbefundes zum Augenarzt.
  • Sofern nicht anders mit Ihrem Augenarzt vereinbart, soll ab dem 5. Jahr der Erkrankung einmal jedes Jahr bei erweiterten Pupillen der Augenhintergrund untersucht werden. TIP: Gehen Sie im Winter zum Augenarzt bzw. nehmen Sie eine Sonnenbrille mit und fahren Sie nicht mit dem Auto zur Untersuchung.
  • Die weiteren Kontrollen vereinbaren Sie mit Ihrem Augenarzt. Wenn alles in Ordnung ist, soll weiterhin jedes Jahr einmal die Netzhaut untersucht werden.
  • Sonderfall: Schwangere Typ I Diabetikerinnen sollen sofort nach Feststellung der Schwangerschaft und anschließend in regelmäßigen kurzen Abständen (mit dem Augenarzt vereinbaren) zur Untersuchung gehen.
  • Lassen Sie sich von Ihrem Augenarzt den Befund gleich mitgeben. Geben Sie den Befund bei dem Arzt ab, der Sie als Diabetiker betreut.

Für Typ II Diabetiker gilt:

  • Gehen Sie umgehend nach Feststellung der Erkrankung (auch wenn nur ein "leichter Diabetes" festgestellt wurde) zum Augenarzt.
  • Die Netzhaut muß nach "Weittropfen" der Pupille untersucht werden.
  • Die weiteren Kontrollen vereinbaren Sie mit Ihrem Augenarzt. Wenn alles in Ordnung ist, soll weiterhin jedes Jahr ein- bis zweimal die Netzhaut untersucht werden. Wenn Veränderungen vorhanden sind, bestimmt der Augenarzt die Kontrollabstände.

Das A und O ist die gute Blutzuckereinstellung
Der Verlauf des Diabetes und vor allem das Auftreten der diabetischen Retinopathie wird von der Güte der Blutzuckereinstellung bestimmt. Dafür gibt es einen Meßwert, der durch eine Blutentnahme bestimmt werden kann: das HbA1c oder glykierte Hämoglobin.
Es soll alle 3 Monate durch Ihren behandelnden Arzt bestimmt werden.
Gut eingestellte Diabetiker sind vor den ernsten Folgen einer proliferativen diabetischen Retinopathie weitgehend geschützt.
Der Blutdruck muß normal gehalten werden.

Je früher eine fortgeschrittene diabetische Netzhauterkrankung erkannt wird, umso besser ist sie durch den Augenarzt behandelbar.
Es gibt Warnzeichen, die einen baldigen Übergang von einer schweren nicht-proliferativen Netzhauterkrankung in eine proliferative Form ankündigen. Diese können nur vom Augenarzt erkannt werden.
Liegen solche Veränderungen vor, besteht die Therapie in der Behandlung mit Laserstrahlen.
Diese Behandlung erfolgt durch den Augenarzt in örtlicher Betäubung.
Sind ausgedehnte Blutgefäßwucherungen und Glaskörperblutungen vorhanden, hilft als operative Möglichkeit die Entfernung des Glaskörpers (Vitrektomie). Diese Operation erfolgt in lokaler Betäubung in einer speziellen Einrichtung. Ihr Augenarzt wird Ihnen die Möglichkeit zur Vitrektomie erläutern und Ihnen eine solche Einrichtung vermitteln.

Bei günstigen Voraussetzungen gelingt es mit dieser Operation, eine brauchbare Sehleistung wiederherzustellen.
Bedenken Sie bitte: Durch gute Blutzuckereinstellung, Kontrolle und Behandlung des Blutdrucks, sorgsam durchgeführte regelmäßige Kontrollen der Netzhaut und eine frühzeitige Therapie kann die Erblindung verhindert werden.