Ängstliche Menschen beurteilen vorschnell

Binnen weniger Sekunden machen wir uns einen Eindruck von einer fremden Person. 44 Gesichtsmuskeln sind aktiv, wenn wir Menschen Gefühle zeigen. Ob Freude, Schmerz oder Angst – unsere Gesichtsmuskeln verraten, in welcher Stimmung wir uns gerade befinden. Auf allen Erdteilen und in allen Kulturen sind es dieselben Anzeichen, die Freude, Ärger oder Wut verraten. Daher fällt es den meisten Menschen relativ leicht, die Stimmung ihres Gegenübers richtig einzuschätzen.
Eine aktuelle Studie zeigt nun, dass Menschen, die in sozialen Situationen unsicher sind, für Veränderungen des Gesichtsausdrucks anderer besonders sensibel sind. Sie neigen dazu, die Stimmungslage ihres Gegenübers schneller zu bewerten. Allerdings machen sie dabei auch häufiger Fehler als weniger ängstliche Personen.
In verschiedenen Tests hat ein amerikanisch-französisches Forscherteam seinen Probanden Filme gezeigt, in denen sich die Gesichtsausdrücke von Personen langsam veränderten. Der mimische Ausdruck wechselte von einem neutralen Ausdruck zu einem glücklichen, traurigen oder zornigen. Die Probanden, die zuvor angegeben hatten, in sozialen Situationen ängstlich zu reagieren und Zurückweisung durch andere zu befürchten, nahmen diese Veränderungen deutlich schneller wahr als weniger ängstliche Versuchsteilnehmer.
Die Wissenschaftler schließen daraus, dass Furcht in sozialen Situationen dazu führt, besonders sensibel auf die Gemütsregungen anderer zu achten. Offenbar kann dies aber dazu führen, dass die Stimmung des Gegenübers vorschnell und damit falsch eingeschätzt wird. Für ängstliche Menschen bedeutet dies, dass sie schnell in einen Teufelskreis geraten. Denn die Fehlinterpretation des emotionalen Zustands des Gesprächspartners erschwert die weitere Kommunikation und trägt damit zu ihrer weiteren Verunsicherung bei.