Warum Liebe blind macht

Plötzlich trifft Amors Pfeil, und schlagartig hat man nur noch Augen für die neue Liebe. Aber woher kommen die Schmetterlinge im Bauch ? Sachlich betrachtet beruht das Gefühl des Verliebseins auf einer Veränderung des Hormonhaushaltes: Lust und sexuelles Verlangen werden durch den Botenstoff Dopamin geregelt. Verlieben wir uns, wird die Ausschüttung des Neurotransmitters gesteigert. Gleichzeitig senkt unser Körper die Produktion eines anderen Botenstoffes, des Serotonins. In diesem Zusammenhang haben Wissenschaftler Erstaunliches festgestellt: Einen vergleichbaren Mangel weisen auch Zwangneurotiker auf.

Die intensive, irrationale Beschäftigung mit einem Objekt oder einer Person scheint ergo durch einen niedrigen Serotoninspiegel hervorgerufen oder zumindest begünstigt zu werden. Mit dem Hormonhaushalt ändert sich also auch die Wahrnehmung der Liebenden. Vielen Verliebten kommt das Leben wie ein Film vor.

Dieser veränderte Realitätsbezug ist keine Einbildung, sondern ein Zustand mit Lernpotenzial. Hinter der Tatsache, dass uns die schönen Momente mit der geliebten Person immer wieder in den Sinn kommen, verbirgt sich ein evolutionärer Nutzen. Biochemisch gaukelt unser Gehirn uns vor, es gäbe keinen besseren Partner.

Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit der Fortpflanzung und somit der Weitergabe der eigenen Gene erhöht. Aber überraschenderweise sind an der Liebe dennoch nur wenige Gehirnareale beteiligt – Jene, die unsere Glücksgefühle hervorrufen, zum Beispiel. Andere Areale bleiben inaktiv. Angst und Probleme geraten daher in Vergessenheit, und wir werden „vor Liebe blind“. Dieser Mechanismus ermöglicht es uns, Vertrauen zu dem neuen Partner zu fassen. Denn unbewusst geben sich die Verliebten damit die Chance, sich intensiv kennen zu lernen. Ist das geschehen, lässt der Rausch des Verliebseins nach. Aber dann kann daraus schon Liebe geworden sein.