Minusgrade können Herzanfall auslösen

Für manche Menschen bedeutet starke Kälte ein erhöhtes Gesundheitsrisiko. Niedrige Temperaturen können insbesondere für ein krankes Herz eine gefährliche Zusatzbelastung darstellen – bis hin zur Auslösung eines lebensbedrohlichen Angina pectoris-Anfalls oder Herzinfarkts. Starke Kälte belastet die Herzkranzgefäße, indem sich die Gefäße verengen, so dass das Herz gegen einen größeren Widerstand anpumpen muss. „Wenn ein bisher Gesunder in die Kälte hinausgeht und plötzlich Schmerzen, einen Druck oder Brennen im Brustkorb und Atemnot bekommt, dann ist das ein Warnzeichen. Ein Arzt sollte umgehend aufgesucht werden, der das Herz gründlich untersucht“, sagt Dr. Frank Sonntag, niedergelassener Kardiologe in Henstedt-Ulzburg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Herzstiftung. Auch dürften solche Brustschmerzen keinesfalls als Reizung der Bronchien durch die Kälte verharmlost werden, was nicht selten vorkomme – oft mit fatalen Folgen. Denn die genannten Beschwerden können auf eine mangelhafte Sauerstoffversorgung des Herzens hindeuten und somit Vorboten eines Angina pectoris-Anfalls oder Herzinfarkts sein.
Was ist kalt?
Was aber heißt „starke“ Kälte? „Es kommt nicht unbedingt auf die Temperatur auf dem Thermometer an, sondern oft mehr auf die gefühlte Kälte“, sagt Sonntag. Bewegung bei Minus 3–5 Grad Celsius könne bei Gegenwind oder Smogwetter deutlich unangenehmer sein als ein klarer windstiller Wintertag bei Minus 5–10 Grad. Bei Außentemperaturen im zweistelligen Minusbereich sollte körperliche Belastung vermieden oder auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Wenn Herzpatienten bei Minusgraden ins Freie gehen, sollten sie nach Möglichkeit einen Schal leicht über Nase und Mund legen, damit sie die vorgewärmte Luft vor den Minusgraden schützt.

Auf Schneeschippen verzichten
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn bereits eine Herzerkrankung besteht. So sollten Menschen mit verengten Herzkranzgefäßen bei starker Kälte auf hohe körperliche Anstrengungen wie Schneeschippen verzichten. Denn ein vorgeschädigtes Herz kann dadurch schnell überfordert werden, im Extremfall drohen Herzinfarkt oder plötzlicher Herztod. Ein erhöhtes Risiko für Koronarpatienten durch Schneeschippen hat jüngst wieder eine kanadische Studie an Patienten mit akutem Koronarsyndrom belegt*. Wenn Koronarpatienten bemerken, dass sie plötzlich empfindlicher als sonst auf Kälte reagieren, sollten sie dies rasch mit ihrem Arzt besprechen, um gegebenenfalls durch eine Anpassung ihrer Behandlung einer sich verschlimmernden Angina pectoris vorzubeugen. So sollten Koronarkranke morgens – zu einer Zeit also, in der der Körper schon durch die Nacht-Umstellung belastet ist – nicht zum Brötchenholen oder Zeitungkaufen gehen, ohne vorher ihre Medikamente eingenommen zu haben. „Gerade in solchen Situationen und unter solchen Bedingungen ist vor einer geplanten Belastung auch der Einsatz von ein bis zwei Hub Nitrospray unter die Zunge hilfreich“, empfiehlt Sonntag.
Welche Aktivitäten trotz Kälte?
Grundsätzlich rät die Deutsche Herzstiftung dazu, sich auch im Winter ausreichend zu bewegen, mindestens drei Einheiten à 20 bis 30 Minuten. Statt jedoch Aktivitäten mit hohen Belastungen zu wählen, sollte man weniger anstrengenden Sport bevorzugen. Geeignet sind zum Beispiel ausgedehnte Winterspaziergänge, Walking-Einheiten oder kleinere Jogging-Runden. Man sollte zunächst langsam beginnen, damit sich der Körper auf die Kälte einstellen kann. Bei extremer Kälte bietet es sich an, den Sport in die Turnhalle zu verlegen oder auch ein paar Bahnen im örtlichen Hallenbad zu schwimmen. Möglich ist auch ein Hometrainer (Fahrradergometer etc.), der sich auch im gemütlichen Wohnzimmer aufstellen lässt. Als Faustregel hat sich dabei bewährt, die Intensität so zu wählen, dass zwar der Puls ansteigt, aber eine Unterhaltung noch gut möglich ist.