Kommunikation auf Augenhöhe –wie der Staat gefühlt

BSE, Acrylamid, Pestizide im Essen, Vogelgrippe – mit diesen Themen ließ sich in den vergangenen Jahren gut „Auflage machen“, denn sie verunsicherten viele Verbraucher, beklagt der Verbraucherinformationsdienst aid.
Tatsächlich wurde in Deutschland kein einziger Todesfall aufgrund dieser vermeintlichen Bedrohungen registriert, gegenüber Tausenden von Todesfällen pro Jahr aufgrund von Fehlernährung, Bewegungsmangel, Übergewicht, Rauchen und von nicht oder unzureichend behandelten Infektionskrankheiten. Aber die tatsächlichen Risiken interessieren die Öffentlichkeit – obschon allgemein bekannt – wenig. Wie es dazu kommt, dass gefühlte Risiken eine so große Resonanz erfahren und wie man es schaffen kann, die Wahrnehmung auf die tatsächlichen Risiken zu lenken, wurde auf der Festveranstaltung „Rechtfertigen gefühlte Risiken staatliches Handeln?" zum fünfjährigen Bestehen des Bundesinstituts für Risikobewertung erörtert.
Unter welchen Bedingungen wird aus einem Thema überhaupt ein gefühltes Risiko? Laut Professor Gerd Gigerenzer vom Max-Planck-Institut nehmen die Menschen katastrophenartige Situationen oder Szenarien, in denen viele Menschen auf einmal ums Leben kommen könnten, als Risiken wahr. Darüber hinaus wecken auch bestimmte Urgelüste, zum Beispiel nach Sensationen, Kampf oder Streit, das menschliche Interesse und verhelfen bestimmten Themen auf die Titelseiten.
Gefühlte Risiken lösen bei Verbrauchern unnötigerweise Ängste und Unsicherheit aus, bedeuten Imageverluste und kosten viel Geld. Dabei entstehen nicht nur den Herstellern, deren Produkte in Misskredit geraten sind, Kosten, sondern auch dem Staat für Aufklärungs- und andere Maßnahmen. Gefühlten Risiken kann man am Besten durch Transparenz und eine effektive Risikokommunikation begegnen, die den gleichen Stellenwert besitzen sollte, wie Risikobewertung und -management. Sie muss auf Augenhöhe mit dem Verbraucher erfolgen sowie individuell auf die verschiedenen Lebenslagen und Verbrauchertypen zugeschnitten sein. Auch sind Risikobewertungen zwischen verschiedenen Kommunikationsorganen abzustimmen, damit keine Ungereimtheiten oder Widersprüche auftauchen. Und eine glaubwürdige Kommunikation sollte auch mit der Illusion aufräumen, dass durch staatliches Handeln eine hundertprozentige Sicherheit erreicht werden kann. Denn die gibt es nicht, ganz gleich, ob im Umgang mit Lebensmitteln oder anderen Dingen des täglichen Lebens. Ein gewisses Restrisiko bleibt immer, auch wenn dies bei Nahrungsmitteln sehr gering ist.